„Die Menschen werden unvernünftiger und unvorsichtiger“
Im Landkreis Straubing-Bogen gab es in den letzten sieben Tagen (Stand 18.9., 10 Uhr) 18 Personen mit einem neuen positiven Test auf SARS-CoV2. Die Sieben-Tages-Inzidenz liegt laut LGL bei 17,88 (Stand 18.9., 10 Uhr).
Die Zahl der insgesamt seit Anfang März, dem Beginn der Pandemie in der Region, positiv getesteten Personen aus dem Landkreis Straubing-Bogen liegt damit laut den offiziellen Zahlen des LGL bei 612.
Als aktuell infiziert gelten im Landkreis derzeit 21 Personen.
Die 21 aktuell Infizierten im Landkreis und die 18 Neuinfizierungen in den letzten sieben Tagen stellen Spitzenwerte seit Ende Mai und damit seit über drei Monaten dar. Kein Zufall, wie Dr. Thomas Lang, Stellvertretender Leiter des Gesundheitsamtes Straubing-Bogen, festgestellt hat. „Es gibt jetzt wieder vermehrt Fälle von Leuten mit Symptomen. Leider werden die Menschen unvorsichtiger und unvernünftiger und gehen mit Symptomen in die Arbeit, in die Schule, auf Veranstaltungen. Das haben wir jetzt bei den Kontaktermittlungen immer wieder feststellen müssen, dass dies einfach ignoriert wird.“ Die traurige Folge: Das Virus wird breit weitergetragen. Denn noch etwas hat man im Gesundheitsamt festgestellt: „Die Kontakte werden wieder mehr als noch vor ein paar Monaten. Jede Indexperson hat jetzt zumeist sehr viele Kontakte“, sagt Dr. Lang. Der wieder aufgenommene Schulbetrieb, die Rückkehr zu einem normalen Arbeitsbetrieb, auch die Erlaubnis von Festen und Veranstaltungen in bestimmtem größeren Rahmen – all das trägt dazu bei.
Wer an potenziellen Covid-19-Symptomen wie Geschmacksverlust, Hals- und Kopfschmerzen, Husten, Schnupfen, Fieber leidet, sollte daher auf keinen Fall am öffentlichen Leben teilnehmen, sondern seinen Hausarzt kontaktieren. Dieser bespricht das weitere Vorgehen. Auch an der Teststation am Hagen in Straubing sind Zeitslots für symptomatische Bürger/innen eingerichtet, eine telefonische Anmeldung unter 09421/973-332 ist bei Testwünschen mit Symptomen nötig.
„Die steigenden Zahlen haben nicht unbedingt etwas mit vermehrten Testungen zu tun“, sagt Medizinaloberrat Ernest Fischmann aus dem Gesundheitsamt. Vielmehr werde durch die Kontakte ein größerer Personenkreis erreicht. Die nackten Fallzahlen, wenngleich auch steigend, stellen isoliert betrachtet, noch nicht das große Problem dar. Allerdings: Je mehr Fälle, umso mehr Kontaktpersonen (alleine am Mittwoch mussten gut 150 Personen im Landkreis ermittelt und informiert werden) und umso schwieriger ist es, die Infektionsketten einzugrenzen und zu unterbrechen. Trotz Verstärkung, unter anderem durch die Einstellung von Contact Tracing Teams (CTT), kommt das Gesundheitsamt an Kapazitäts- und Belastungsgrenzen. Sind diese überschritten, die Kontaktpersonen zu viel und die Infektionsketten nicht schnell zu isolieren, droht ein exponenzielles Wachstum. „Wir haben in diesem Jahr bereits gesehen, wie schnell das innerhalb weniger Tage gehen kann“, sagt Ernest Fischmann. Gerade deshalb ist die Sicht des Gesundheitsamts auf weitere Lockerungen derzeit sehr skeptisch. „Bei größeren Veranstaltungen besteht definitiv die Gefahr, dass bei positiven Fällen durch die hohe Anzahl der Kontaktpersonen keine ausreichende Kontaktpersonennachverfolgung zeitnah mehr stattfinden kann. Dies birgt ein erhebliches Risiko einer Weiterverbreitung der Infektion in erheblichem Umfang. Voraussetzung ist natürlich ohnehin, dass die Daten genauestens erfasst werden, um überhaupt eine Nachverfolgung für das Gesundheitsamt möglich zu machen“, gibt Dr. Lang mit Blick auf derzeit entsprechend bayernweit auftretende Fälle zu bedenken. Aufgrund der zahlreichen Kontaktpersonen ist davon auszugehen, dass auch im Landkreis in nächster Zeit weitere positive Fälle hinzukommen werden.