Krankenhausreform: Gesundheitsminister im Austausch mit den niederbayerischen Landräten
Über die möglichen Auswirkungen der Krankenhausreform auf Niederbayern und den ländlichen Raum haben sich die niederbayerischen Landräte am Donnerstag, 20. April, in Landshut gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, ausgetauscht. Das Thema steht seit mehreren Wochen im Fokus des Bezirksverbandes Niederbayern des Bayerischen Landkreistags. Bereits in den letzten Wochen ist deutlich geworden, dass das vom Bund vorgeschlagene Modell mit starren Zuordnungen von Leistungsgruppen zu Versorgungsstufen die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Niederbayern drastisch verändern würde.
Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung ist klassische Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. Demzufolge ist der Großteil der niederbayerischen Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft und somit in Verantwortung der Landkreise. Insofern sind gerade die niederbayerischen Landkreise und deren Landräte in besonderer Weise von einer möglichen Krankenhausreform betroffen. „Diese hätte katastrophale Auswirkungen auf die stationäre Versorgung der Menschen gerade im ländlichen Raum“, fasst Sebastian Gruber, Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau und Bezirksvorsitzender des Bayerischen Landkreistages Bezirksverband Niederbayern, zusammen.
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege weiß diesbezüglich um die Schlüsselrolle der Landkreise in Niederbayern, weshalb es im Rahmen der heutigen Tagung des Bezirksverbandes Niederbayern des Bayerischen Landkreistags Rückendeckung von Staatsminister Klaus Holetschek gab. Auch Sebastian Gruber, Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau und Bezirksvorsitzender des Bayerischen Landkreistages Bezirksverband Niederbayern, Peter Dreier, Landrat des Landkreises Landshut und Stellvertretender Bezirksvorsitzender, Dr. Olaf Heinrich, Bezirkstagspräsident Bezirk Niederbayern, und Rainer Haselbeck, Regierungspräsident Regierung von Niederbayern, sehen die Pläne des Bundes zur Reform der Krankenhäuser kritisch.
Gesundheitsminister Klaus Holetschek betonte: „Unser aktuelles Gutachten mit Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zeigt: Die Vorschläge der Regierungskommission missachten das Primat der Krankenhausplanung der Länder. Eine Umsetzung in der derzeitigen Fassung würde mit dem Grundgesetz nicht im Einklang stehen. Es muss Ländersache bleiben, in welchem Krankenhaus welche Leistung stattfindet. Das hat der Bund nicht zu bestimmen. Wir erkennen grundsätzlich die Notwendigkeit einer Krankenhausreform, aber die Krankenhausversorgung und -planung muss vor Ort und zusammen mit den betroffenen Akteuren entschieden werden. Wir können keine zentral von Berlin aus gesteuerte Reform mit einer bundesrechtlichen Einführung von detaillierten, mit Strukturvorgaben hinterlegten Leveln und einer vorgegebenen starren Zuordnung von festen Leistungsgruppen zu einzelnen Leveln mitgehen. Es muss immer klar sein: Das Ziel jeder Krankenhausplanung ist und bleibt eine bestmögliche Gesundheitsversorgung der Menschen vor Ort – und zwar sowohl in der Stadt als auch auf dem Land.“
Sebastian Gruber, Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau und Bezirksvorsitzender des Bayerischen Landkreistages Bezirksverband Niederbayern: „Bereits aktuell stehen viele Krankenhausträger mit dem Rücken zur Wand, der Kostendruck ist immens, die Defizite steigen. Wir wehren uns nicht gegen eine Reform, wir haben durchaus Bereitschaft zur Veränderung. Wir brauchen aber zunächst aktuell Hilfe und Unterstützung, um zu überleben. Gleichzeitig muss mit Bedacht und Vernunft eine Reform vorbereitet werden, aber nicht mit der Brechstange. Die medizinische Infrastruktur ist gerade im ländlichen Raum besonders wichtig, vor allem in Niederbayern. Bei den aktuellen Plänen des Bundes zu einer möglichen Reform der Krankenhäuser geht es ausschließlich um eine Stärkung der großen Zentren. Darunter leidet nicht nur der ländliche Raum, sondern in erster Linie die Menschen, die hier leben und auf eine hochwertige medizinische Grundversorgung angewiesen sind. Die Tagung hat gezeigt, dass die niederbayerischen Landkreise weiterhin und konsequent ein hochwertiges stationäres und ambulantes Angebot gewährleisten möchten, um einerseits die bestmögliche Grund- und Regelversorgung für die Bevölkerung und andererseits den Erhalt der Arbeitsplätze auch in Zukunft sicherzustellen. Ich bedanke mich für den Zusammenhalt der niederbayerischen Landräte und bei Herrn Staatsminister Klaus Holetschek, Herrn Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich sowie Herrn Regierungspräsident Rainer Haselbeck für die politische und fachliche Rückendeckung.“
Peter Dreier, Landrat des Landkreises Landshut, dazu: „Wir dürfen es nicht akzeptieren, dass die Lauterbach’schen Reformabsichten sich an ausschließlich städtischen Strukturen orientieren. Eine Zentralisierung der Krankenversorgung geht für die ländlich geprägten Räume der Bundesrepublik an der Realität weit vorbei. Gerade die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig auch die kleinen Krankenhäuser in der Fläche sind. Vielmehr braucht es eine grundlegende Veränderung der Versorgungsstrukturen und vereinfachte Möglichkeiten zur Kooperation der einzelnen Häuser, über die Landkreisgrenzen hinweg.“
Dr. Olaf Heinrich, Bezirkstagspräsident Bezirk Niederbayern: „Die auf Bundesebene diskutierte Reform hätte auch für den Bezirk als größten Klinikbetreiber Niederbayerns gravierende Folgen. Eine Verschlechterung der Ausbildungsmöglichkeiten für Pflegekräfte wäre existenzgefährdend.“
Rainer Haselbeck, Regierungspräsident Regierung von Niederbayern: „Die Menschen in ländlicheren Regionen wie Niederbayern dürfen nicht zu Patienten zweiter Klasse werden. Erstklassige und patientennahe medizinische Versorgung ist eine Schlüsselfrage, wenn man überhitzte Zentren entlasten und das Land stärken will. Im Übrigen sollte man doch aus Erfahrung klug werden. Es ist mir ein Rätsel, wie man nach den Erfahrungen in der Pandemie die so wichtigen Gesundheitsstrukturen vor Ort schleifen kann.“
Neben den katastrophalen Auswirkungen auf die Krankenhäuser im ländlichen Raum hätte die Reform auch ebenso einschneidende Folgen für die Menschen und die jeweiligen Wirtschaftsstandorte. Am deutlichsten würde die Reform aber die Patientinnen und Patienten treffen, die künftig bei einer ganzen Reihe von Krankheitsbildern auf Großkliniken angewiesen wären und damit lange Anfahrten und lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssten. Im Bezirksverband Niederbayern des Bayerischen Landkreistags ist man sich einig: Der ländliche Raum hat besondere Strukturen und demzufolge besondere Herausforderungen. Im Flächenland Bayern, auch in Niederbayern, ist die Krankenhauslandschaft anders als z. B. in Ballungsgebieten wie Nordrhein-Westfalen oder Berlin. Das muss durch den Bund berücksichtigt werden.
Klar ist: Die Landkreise sind als Krankenhausträger auf der einen Seite zwar bereit, einen Transformationsprozess in der Krankenhauslandschaft aktiv mitzugestalten, es braucht andererseits jedoch belastbare, fundierte Konzepte für Flächenlandkreise und den ländlichen Raum, um die Sicherstellung von Grund- und Regelversorgung auch in Zukunft zu gewährleisten.
(Foto: Landratsamt Landshut)